Nicht nur Pisa hat einen schiefen Turm – auch Bolognas Wahrzeichen, die Geschlechtertürme Garisenda (der Kleinere) und Asinelli (der Höhere) sind nicht unbedingt das was man als gerade bezeichnen kann; der Garisenda mit einer Neigung von 3,20m und der Asinelli mit 2,20m. Die beiden sind nur ein Teil der vielen Türme und Türmchen (auf italienisch Torresotti) in Bologna. Die Türme, die zwischen dem 12. und 13.Jahrhundert errichtet wurden, wurden zwar zur Verteidigung genutzt, ursprünglich aber von reichen Familien der Stadt erbaut als Zeichen der Macht. Manche Quellen berichten sogar, dass es im Mittelalter 180 Türme gewesen sein sollen. Heute kann man nur noch einen der beiden Türme, über die schon Dante in seiner Göttlichen Komödie schrieb, erklimmen, nämlich den weniger schiefen Asinelli (Eintritt kostet um die 3€). Der Ausblick vom Turm über die Stadt ist einmalig und ein wenig schaurig auch das Treppenhaus dieses Turms – nicht unbedingt etwas für Leute, die nicht schwindelfrei sind.
Es stimmt, in Bologna wird viel mit Fett gekocht im Vergleich zum restlichen Italien. Nun gut, jeder von uns kennt die berühmte Bolognese Soße, die nicht nur zu den Spaghetti hinzu gefügt wird, sondern auch gleichermaßen die Lasagne gemacht wird. Es wird aber auch viel frittiert in dieser Küche, so ist zum Beispiel ein Gericht der Stadt der „Gran Fritto Misto alla Bolognese“ (Gemüse aber auch Fleisch wird hier erst in paniert und dann im Öl frittiert). Wichtig sind auch die Tortellini, die aus Bologna stammen. Der Legende nach sollen die mit Hackfleisch gefüllten Tortellini den Nabel der Liebesgöttin Venus nachbilden. Diese werden meist in der Brühe serviert. Ein wichtiger Bestandteil der Küche Bolognas ist auch die Mortadella, die entweder hauchdünn geschnitten wird oder aber in der Lasagne verwendet. Man muss sagen, dass diese Küche wirklich fett ist, aber in kleinen Quantitäten durchaus gut ohne zu dick zu werden.
Bei einem Spaziergang im Zentrum kommt man automatisch an diesen Kirchenkomplex vorbei. Es ist wie eine kleine Insel des Friedens und des Geistes im pulsierenden Herzen einer modernen, weltlichen Großstadt. Die Kirche der Santo Sepolcro (heiligen Grab) steht an der Stelle eines Isis-Heiligtumes und macht einen paleochristianischen Eindruck, dunkel, die einfache Reliefs und die zwölf Säulen, die in den Stein gehauene langobardische Verzierungen sind mit der Zeit glatt und glänzend geworden. Die Kirche, wie ein Tempel, hat einen runden Umriss und in ihrer Mitte war der heilige Petronius begraben (heute in dem Dom), über sein Grab erhebt sich eine kleine Wendeltreppe, mit einer Kanzel auf der Spitze. Leider kann man nicht hinaufsteigen, aber die Kanzel ist in natürlicher Weise beleuchtet, wie eine Bühne, von dem durch die romanischen, zweibögigen Fenstern einströmenden Sonnenschein. Die Predigte von der Stelle können sehr suggestiv gewirkt haben. Ich stelle mir vor, wie die Kirche eine Woche im Jahr geöffnet, und in dieser Periode von den Gläubigern überfüllt war, um den Heiligen zu verehren. Die schwangere Frauen gingen 33 Mal um das Grab, für die 33 Jahren des Erlösers und bei jeder Runde hielten sie am Grab, um zu beten. Wie eine sanfte Meditationsmusik hört sich das Laufen einer kleinen Quelle in der Kirche, was von Epoche zur Epoche ihre Bedeutung geändert hatte, lag aber zugrunde der Heiligkeit des Platzes. In heidnischen Zeiten war die heilige Quelle von Isis, ihr Tempel konnte nur über eine Wasserquelle errichtet werden, heute symbolisiert sie den Fluss Jordan. Von der Grabkirche komme ich in den Hof von Pilatus, es ist wie ein römisches Atrium, mit ein Kalksteinbecken auf einem Sockel, aus der langobardischen Zeit, was aber gleich zu dem sein sollte, wo Pilatus seine Hände gewaschen hatte. Nach einer langsamen Runde bei den Grabmälern im Kreuzgang verlasse ich den Hof und kehre ins moderne, rennende Stadtzentrum zurück.
Heute steht er inmitten eines Verkehrsknotenpunktes und wacht über die Stadt seit fast 900 Jahren. Da er ein der Symbolen der Stadt ist, musste ich ihn auf jeden Fall besteigen. Ich bezahle die vier Euro Eintritt und beginne die Stufen zu zählen. Die Holztreppe ist auch mehrere Hundert Jahre alt und es ist wirklich empörend, dass die Stadtverwaltung behauptet, der geplante neue Aufzug inmitten der Wendeltreppe das Aussehen und die Atmosphäre des Turminneren nicht ändern würde. Die Stadt selbst war nicht begeistert und zum Glück hat man das Projekt noch nicht angefangen. Ich kann kaum Luft holen, als ich die 498 Stufen hinter mir habe, und wie ich durch die Gitter auf die Stadt schaue wird wirklich mein Atem beraubt. Ich sehe unter mir den kleinen Bruder von dem Asinelli-Turm, den Garisenda, der bloß halb so hoch ist, aber dafür 322 cm Neigung hat und scheint in jeder Minute der Gravitation nachgeben. Wie ich die roten Gebäude von Bologna zu den Füßen habe, denke ich an den Freiwilligen, die im zweiten Weltkrieg während der Bombenangriffe der Alliierten hier hinaufkamen, um die Rettungsmannschaften zu den getroffenen Punkten der Stadt richten zu können. Heute aber, zum Glück sehe ich kein Rauch oder eingestürzte Häuser, sondern kann in eine Richtung das Adriatische Meer, in die anderen die Venetischen Voralpen bewundern.
Der Wind steht aber still und auf dem Wasserspiegel des Brunnens zeichnen sich um jeden Tropf immer größere und größere Ringe. In einigen Minuten der Regen wird zu einem schweren, grauen Vorhang und die Arkaden der Piazza Maggiore hinter ihm gähnen wie fürchterliche Höhlen. Es wird fast dunkel und der Platz entleert sich in einer Minute. Auch der Akku von meinem Fotoapparat ist leer geworden. Was für ein Glück heute! Ich bin jetzt dankbar für die über 50 km Arkadengänge, die Bologna so eigenartig machen. Man kann praktisch die ganze Stadt belaufen, auch beim strömenden Regen, ohne nass zu werden. Ich gehe los in der Strada Maggiore und schlendere ohne Eile unter ihren Bögen. Ich beobachte die Kreuzgewölben die nach vorne schauend den Blick mit sich reißen und sehr suggestiv wirken. Der Horizont wird aber eingeschränkt: von den Fassaden der anderen Straßenseite ist nichts zu sehen, wenn nicht die parallel stehende Säulen. Wenn es nicht regnen würde, könnte man denken, dass man sich in einer dreischiffigen Kirche befindet. Ich ich spaziere unter den Arkaden, bis ich die Orientierung verliere und Hunger bekomme. Auf einmal stehe ich vor einer kleinen Salumeria, von der anderen Seite des Fensters lächelt mich ein alter, grauhaariger Herr mit einer blauen Schürze an. Er muss die Geste nicht wiederholen. Ich erwidere das Lächeln, gehe rein und rieche die Wurst- und Käsewaren, ich weiß es aber schon, was ich will. Der Herr fragt mich, was er mir geben darf, und ich lasse mir eine „spaccata“ mit Mortadella belegen, Mortadella mit Pistazien, durchsichtig dünn geschnitten. Der Hunger beginnt unerträglich meinen Magen zu beißen, solange ich die gemütliche Tätigkeit des Alten beobachte. Ich gebe die Hoffnung auf, dass der Sinnflut noch heute ein Ende haben wird und ich gehe los und komme zur Jugendherberge wie ein nasser Pudel an. Mein Brötchen ist aber gerettet: ich bin sehr dankbar für die Erfindung der Plastiktüte! Trotz des Regens bin ich zufrieden mit dem unendlichen Spaziergang unter der Schutz der Arkaden und nach einer heißen Dusche und meinem Brötchen falle ich in einem tiefen Schlaf, wo ich weiter unter den Bögen herumlaufe.
Die Pinakothek ist unheimlich groß und man kann nicht alles auf einmal anschauen und begreifen, und mich interessiert das Gemälde von Raffael am meisten. Ich suche die Ekstase der heiligen Cecilia auf und setze mich vor dieses Gemälde hin. Ich beobachte die lebhafte Farben, die Heiligin mit der kleinen Orgel in der Hand und die Musikinstrumenten die auf dem Boden liegen, als Zeichen des Verzichtes auf den irdischen Güter. Ich erinnere mich an ihre Geschichte, wie sie in der „Legenda Aurea“ erzählt ist, dass sie aus einer römischer Patrizierfamilie stammte und ihr christliche Glaube geheimgehalten hatte. Sie wurde gezwungen, den reichen Valerianus zu heiraten und während der Trauung ignorierte alles und in ihrem Herzen sang sie den Herrn an, seine Unschuldigkeit zu bewahren. Ihr Flehen ging in Erfüllung, es gelang ihr, ihren Mann und ihren Schwager zu bekehren und alle erlitten den Märtyrertod zusammen. Sie wird immer mit der kleinen Orgel dargestellt, und hier ist sie in der Gesellschaft von anderen heiligen und scheint die Musik der Engel zu hören. Ich verabschiede mich von der Schutzpatronin der Musik und gehe in der Galerie weiter. Die andere beide Werke, die mir am besten gefallen sind, waren das Portrait der Mutter von Guido Reni und Das letzte Abendmahl von El Greco, das beeindruckendste Werk von den ausländischen Manieristen.
Bei einer Gesamtbevölkerung von 400.000 Einwohnern ist die Zahl der Studenten erheblich hoch – 80.000 Studenten beherbergt die Università di Bologna. So sind auch die zahlreichen Ausgehmöglichkeiten der Stadt zu erklären.Die Stadt ist nicht nur beliebt bei der italienischen Bevölkerung, sondern hat auch viele ausländische Studenten durch das Erasmus-programm. Nicht nur im Mittelalter, sondern bis zur heutigen Zeit, hat die Stadt berühmte Gelehrte angezogen, aber auch viele Journalisten, Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler ausgebildet. Die Universität bildet aber nicht nur aus, sondern bietet auch zahlreiche Möglichkeiten für Studenten zur Freizeitaktivität an und auch Fortbildungsmöglichkeiten für die schon arbeitende Bevölkerung. Ich selbst war vor zwei Jahren mit dem Erasmus- Programm in Bologna und hatte wirklich eine tolle Zeit. Die Fakultät der Sprachen war wirklich sehr gut und mein Horizont hat sich durch die Stadt und seine Umgebung mächtig erweitert.
Man betritt diesen wunderschönen Innenhof und hat den Eindruck, in ein Heiligtum angekommen zu sein. In den Gewölben und auf den Wänden des Kreuzgangs sehe ich Wappen und Inschriften dicht aneinander. Wie ändert sich die Beziehung zum Wissen! In der Blütezeit der Universität von Bologna kamen die Studenten von ganzen Europa, fast ausschließlich aus den reichen Adelsfamilien, und hier studiert zu haben hat das Prestige der Familie erhoben und selbstverständlich alle diese Wappen waren wie eine Werbung für die Institut. Nicht alle Studenten waren aber gleich! Es sind zwei breite Treppen, die vom Innenhof auf die erste Etage führen, eine war für die einfache Künstler, die andere für die Juristen, die sich die “auserwählten“ betrachteten, sie waren die Studenten „erster Klasse“ - dieses Phänomen lässt sich noch heute an den italienischen Universitäten beobachten... Das anatomische Theater ist sehr beeindruckend, alles aus Fichtenholz gebaut, mit einem besonderen Marmortisch in der Mitte, wo Körper seziert worden sind. Ich setze mich ein bisschen hin und stelle mir vor wie ein solches Spektakel ablaufen konnte, wie viele zukünftige Ärzte ohnmächtig aus den Bänken fielen. Beim herumspazieren höre ich das Geknister des Parketts und mir scheint, dass der hölzerne Hippokrates und Galenus, Väter der Medizin als Wissenschaft mich mit ihrem lebendig sezierenden Blick folgen.
Die Thermalbäder, eindrucksvolle Orte, stammen aus der Römerzeit. Die Entdeckung von Fragmenten eines Statuts aus der etruskischen Zeit deutet darauf hin, dass diese Populationen bereits die Vorteile von Thermalwasser nutzten. Die Gewässer können nach ihrer chemischen Zusammensetzung in salsobromoiodischen (Mars, Bove, Donzelle und Leone Quellen) klassifiziert werden, die aus dem Bett des Rio Maggiore-Streams fließen und schwefelhaltig (Puzzola, Porretta Nuova und Galleria della Madonna Quellen) links von der Rhein. Bei Porretta Terme ist jede Jahreszeit immer ideal, um sich wieder mit Natur und körperlicher Aktivität zu verbinden. Es gibt verschiedene Einrichtungen, um zu bleiben und die Vorteile des Spas je nach Geschmack und Bedarf zu nutzen. Es ist bekannt, dass die TransAppennine-Eisenbahn entscheidend zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Bevölkerung des Rheintals beigetragen hat und ihre alte Isolation durchbrochen hat. Unter den Designern, die mit dem Bau der Eisenbahn betraut wurden, hatte der französische Ingenieur Jean Louis Protche große Bedeutung, dem die heutige Piazza della Stazione di Porretta Terme gewidmet ist. Eine Oase des bolognesischen Apennins an der Grenze zwischen Emilia und der Toskana: Porretta Terme.