Bei einem Spaziergang im Zentrum kommt man automatisch an diesen Kirchenkomplex vorbei. Es ist wie eine kleine Insel des Friedens und des Geistes im pulsierenden Herzen einer modernen, weltlichen Großstadt. Die Kirche der Santo Sepolcro (heiligen Grab) steht an der Stelle eines Isis-Heiligtumes und macht einen paleochristianischen Eindruck, dunkel, die einfache Reliefs und die zwölf Säulen, die in den Stein gehauene langobardische Verzierungen sind mit der Zeit glatt und glänzend geworden.
Die Kirche, wie ein Tempel, hat einen runden Umriss und in ihrer Mitte war der heilige Petronius begraben (heute in dem Dom), über sein Grab erhebt sich eine kleine Wendeltreppe, mit einer Kanzel auf der Spitze. Leider kann man nicht hinaufsteigen, aber die Kanzel ist in natürlicher Weise beleuchtet, wie eine Bühne, von dem durch die romanischen, zweibögigen Fenstern einströmenden Sonnenschein.
Die Predigte von der Stelle können sehr suggestiv gewirkt haben. Ich stelle mir vor, wie die Kirche eine Woche im Jahr geöffnet, und in dieser Periode von den Gläubigern überfüllt war, um den Heiligen zu verehren. Die schwangere Frauen gingen 33 Mal um das Grab, für die 33 Jahren des Erlösers und bei jeder Runde hielten sie am Grab, um zu beten. Wie eine sanfte Meditationsmusik hört sich das Laufen einer kleinen Quelle in der Kirche, was von Epoche zur Epoche ihre Bedeutung geändert hatte, lag aber zugrunde der Heiligkeit des Platzes. In heidnischen Zeiten war die heilige Quelle von Isis, ihr Tempel konnte nur über eine Wasserquelle errichtet werden, heute symbolisiert sie den Fluss Jordan.
Von der Grabkirche komme ich in den Hof von Pilatus, es ist wie ein römisches Atrium, mit ein Kalksteinbecken auf einem Sockel, aus der langobardischen Zeit, was aber gleich zu dem sein sollte, wo Pilatus seine Hände gewaschen hatte. Nach einer langsamen Runde bei den Grabmälern im Kreuzgang verlasse ich den Hof und kehre ins moderne, rennende Stadtzentrum zurück.